Ich bin ein Modell und ich seh gut aus

ICH BIN EIN MODELL UND ICH SEH GUT AUS

Erkundung in der 3. Dimension:
Wie sich Modell und zeichnerische
Medien im Arbeitsalltag ergänzen

Autor: Olaf Winkler

 

Wir leben in einer Zeit des Digitalen. Auch die Arbeit des Architekten hat sich verändert. Pläne entstehen im Computer, jede Änderung daran erlaubt direkte Folgeberechnungen. Und natürlich sind Renderings eindrucksvoll und manchmal von einem Foto kaum mehr zu unterscheiden. Dennoch bewahrt auch die Handzeichnung ihre Daseinsberechtigung, und damit ist keinesfalls nur die berühmte erste „Skizze auf der Serviette“ gemeint. Die Skizze hält eine Grundidee fest, im Ganzen oder im Detail. Sie kann fast so schnell sein wie der eigene Gedanke und eminent aussagekräftig. Damit dient sie der eigenen Vergewisserung ebenso wie der Kommunikation mit den Mitarbeitern darüber, was denn gemeint ist, bevor alles in genaueste Pläne übertragen wird.
Vor allem aber hat sich daneben kaum ein Medium so lange bewährt wie das klassische, im besten Sinne begreifbare Modell. Räume lassen sich nirgends besser erkunden, nirgends kann man – als Architekt, Bauherr, Laie – ähnlich direkt einen Blick in das noch zu Errichtende werfen. Wer den Kopf senkt, die Augen auf Modellhöhe bringt, wird zum Passanten, erfährt plastisch, wie sich Teile einer Architektur oder einer Stadt zueinander verhalten werden. Dabei hat das Modell eine Eigenschaft, die es etwa vom Rendering unterscheidet: Der Maßstab ist absolut festgelegt. Gerade das aber ist zweckmäßig. Modelle unterschiedlicher Größe erlauben die Untersuchung etwa städtebaulicher Volumen- und Funktionsverhältnisse oder genauere Betrachtungen der Ausarbeitung. Und: Fast nie wird, wer in die jüngst noch erweiterte Modellwerkstatt von kadawittfeldarchitektur tritt, zu einer Projektphase nur „das eine“ Modell finden. Serien von Körper- und Raumstudien erlauben die Annäherung über den unmittelbaren Vergleich. An anderer Stelle lassen sich, wie in einem Steckspiel, einzelne Teile herausnehmen, verändern: Work in Progress, durch Erfahrung.
Isoliert denken lässt sich keines dieser Arbeitsmittel. Die Computerzeichnung ermöglicht Präzision und Abstimmung zwischen den Beteiligten, wie sie heute nicht mehr wegzudenken sind. Skizze und Modell aber sind Handwerk. Sie erlauben die unmittelbar sinnliche Annäherung an ein Projekt – und verpflichten dazu. Auch die Stadt hat viele „virtuelle“ Facetten hinzugewonnen. Und doch bleibt sie, mit all ihren Funktionen, sinnlich erfahrbarer Raum.